H. Dankert / J. Dankert: Lehrbuch Technische Mechanik, computerunterstützt


Gelenksystem mit unterschiedlichen Gelenktypen, Beispiel 1 von Seite 59

(Lösung mit dem Programmsystem CAMMPUS 4.5, das für diese Aufgabe wegen des Gelenks um den "Patch" erweitert werden muß)


Dieses Beispiel wird nachfolgend in aller Ausführlichkeit erläutert, weil die Möglichkeiten des um den "Patch" erweiterten Programms "Ebener biege- und dehnsteifer Rahmen" in der CAMMPUS-4.5-Dokumentation noch nicht beschrieben werden.

Für das zusammengesetzte System sind die Lagerreaktionen und die Kräfte in den Stäben 1 und 2 zu berechnen.

Gegeben: q0, a.

Das System enthält zwei unterschiedliche Gelenktypen: G2 und G3 sind "klassische Gelenke", die zwei Träger miteinander verbinden, bei G1 und G4 wird ein Element (hier jeweils ein Stab) an einen durchlaufenden Träger "angelenkt". Nachfolgend wird beschrieben, wie diese beiden Gelenktypen mit dem CAMMPUS-Programm realisiert werden.

Im (erweiterten) Programm zur Berechnung ebener biege- und dehnsteifer Rahmen ist die Möglichkeit vorgesehen, "Gleichheit einzelner Verformungen" zu erzwingen. Diese Option kann auch genutzt werden, um beliebige Gelenktypen zu realisieren.


Im CAMMPUS-Programm wird das nebenstehend zu sehende Modell erzeugt. Es besteht aus 6 Elementen und 10 (!) Knoten. An den Punkten des Tragwerks, an denen sich Gelenke befinden, sind 2 Knoten zu plazieren. Die Knotennummern wurden besonders groß dargestellt, damit sie trotz der Gelenksymbole zu sehen sind. Trotzdem überdeckt eine Knotennummer an einem Gelenk immer die andere in der Darstellung, von den beiden Knoten 2 und 3 für den Gelenkpunkt G1 ist z. B. nur die Nummer 3 zu sehen.

Für die nicht als Zahlenwerte gegebenen Größen dürfen die Einheitswerte q0=1und a=1 eingegeben werden, ebenso für die im Programm abgefragten Steifigkeiten: EI=1 und EA=1.

Die einzugebenden Koordinaten beziehen sich auf das (beliebig zu legende) Koordinatensystem, wie es in dem abgebildeten Bildschirmausschnitt zu sehen ist.


Zwei Knoten, die zu einem Gelenk gehören, erhalten die gleichen Koordinaten. Im nebenstehenden Bildschirm-Schnappschuß erkennt man, daß dies jeweils für die Knoten 2 und 3, 4 und 5, 6 und 7 , 8 und 9 gilt.



Die beiden Knoten an einem Gelenkpunkt werden so betrachtet, als würden sie auf unterschiedlichen Seiten des Gelenks liegen. Das bedeutet, daß für ein einfaches Gelenk wie G3 ein Element (hier: Element 2) an einem Knoten (hier: Knoten 4), das andere Element (hier: Element 4) an dem anderen Knoten (hier: Knoten 5) angeschlossen wird. Wenn ein Teil "angelenkt" ist, gilt das gleiche Prinzip: Am Gelenk G1 wird Knoten 2 als "über dem Gelenk liegend" angesehen, deshalb werden an ihn die Elemente 1 und 2 angeschlossen. An den Knoten 3, der "unter dem Gelenk liegt", wird das Element 3 angeschlossen.

Man beachte, daß durch diese Strategie die beiden Elemente 1 und 2 bereits starr miteinander verbunden sind (sie haben einen gemeinsamen Knoten), während die Elemente 3 und 4 noch "in der Luft hängen.



Über das Menüangebot "Gleichheit von Knotenverformungen" wird nun genau der Kontakt hergestellt, der an den Gelenkpunkten realisiert sein muß. Hier werden an den Gelenkpunkten jeweils die beiden Verschiebungskomponenten (nicht der Biegewinkel) gleichgesetzt, so daß genau die Wirkung eines Gelenks simuliert wird (man beachte, daß man mit dieser Strategie beinahe beliebige Verbindungselemente simulieren kann).

Die "Gleichheit von Verschiebungskomponenten" (es dürfen gegebenenfalls auch mehr als zwei sein) wird erreicht, indem diese Komponenten in der nebenstehend zu sehenden Liste mit der gleichen (von Null verschiedenen) ganzen Zahl belegt werden. Im nebenstehenden Bildschirm-Schnappschuß sieht man, daß zum Beispiel die beiden Horizontalverschiebungen der Knoten 2 und 3 (durch die gemeinsame 1) und die Vertikalverschiebungen (durch die gemeinsame 2) zu jeweils identischen Verschiebungen gamacht werden. Die Wahl der dafür verwendeten Zahlen ist beliebig.



Der nachfolgende Bildschirm-Schnappschuß ist der Start-Bildschirm, den man sieht, wenn die Eingabe komplett ist und "Rechnung starten" gewählt wurde. Durch leichtes Versetzen eines Gelenks in der graphischen Darstellung wird verdeutlicht, daß ein Element nur "angelenkt" ist:



Auf die Darstellung der berechneten Verschiebungen wird verzichtet, weil diese mit den Einheitswerten für die Steifigkeiten ohenehin nicht interpretierbar sind. Der nachfolgend dargestellte Momentenverlauf ist von der Aufgabenstellung nicht gefragt, seine Berechnung ist aber im Programm nicht zu verhindern. Man findet aber viele Indizien, die für die Richtigkeit der Berechnung sprechen, zum Beispiel sind die beiden Stäbe momentenfrei, an den "klassischen Gelenken" verschwindet das Biegemont, während es in den durchlaufenden Trägern an den Anlenkpunkten einen "Knick" hat (Einleitung der Stabkraft).

Aus den in der Liste angegebenen Werte der Normal- und Querkräfte an den Knoten werden die Lagerreaktionen entnommen. Sie müssen wegen der Berechnung mit Einheitswerten noch mit q0a multipliziert werden. Für den Knoten 1 (Lager A) entnimmt man zum Beispiel die Horizontalkomponente FAH = 1,875 q0a aus der Normalkraft und die Vertikalkomponente FAV = 2,25 q0a aus der Querkraft:



Die Stabkräfte (Elemente 3 und 4) entsprechenden den Normalkräften, die für diese Elemente natürlich an beiden Knoten gleiche Werte haben. In der Liste unterhalb des nachfolgend dargestellten Querkraftverlaufs findet man die Werte für das Element 6, die am Knoten 10 die Lagerreaktionen für das Lager B ausweisen.:




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